Ich bin natürlich kein Psychiater oder Psychologe. Aber stellen Sie sich einmal folgende Situation vor. Ein Patient kommt zum Arzt. Dort wiederholt er immer wieder die Worte "Sie wollen mich töten" oder faselt davon, dass der Koffer im Wartezimmer gleich explodieren wird. Eine "internationale Verschwörung" verfolge ihn (den Patienten) und wolle "ihn in die Luft jagen und wenn sie selbst dabei sterben".
Die meisten mir bekannten Ärzte würden nun erst einmal den Patienten auf Paranoia und/oder Angststörungen untersuchen.
Was hat dies mit Deutschland zu tun? Die Debatte um Terrorismus nimmt solche krankhaften Züge an. Tatsächlich ist es deutlich gefährlicher im Sommer schwimmen zu gehen. Jeder von uns lebt jeden Tag mit einer ganzen Reihe von Risiken. Realistisch betrachtet gehört dazu beispielsweise die Benutzung eines Treppenhauses (stolpern, stürzen, sterben!), öffentlicher Straßen (einen Moment nicht aufgepasst und von einem fallenden Klavier erschlagen), der Besuch beim Arzt oder im Krankenhaus (jedes Jahr sterben tausendfach mehr Menschen an Infektionen durch Krankenhausbesuche als an Terrorismus) oder die Verwendung eines beliebigen Haushaltsgerätes zu diesen Risiken. Terrorismus? Statistisch betrachtet gehört Terrorismus nicht in diese Aufzählung, wenn man nicht gerade in Hochrisikoländern wie dem Irak oder Afghanistan gehört. Selbst der Tod durch Flugzeugabstürze oder ein Lotteriegewinn sind wahrscheinlicher als Opfer eines Terroranschlags zu werden.
Also - realistisch betrachtet haben wir kein Terrorrisiko in Deutschland. Soweit die Fakten.
Dennoch. Wir haben Angst. Das zu leugnen wäre falsch. Jeder von uns schleppt eine diffuse Angst mit sich herum, dass dieser Koffer doch explodiert, jener Bärtige ein Terrorist ist - und der Nachbar sowieso ein Serienmörder. Das ist normal - das ist geradezu menschlich. Den Terrorismus können wir nicht verstehen.